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Norwalk-ähnliche Viren gehören zur Familie der Caliciviridae. Die der Familie der Caliciviridae zugehörigen humanen Caliciviren wurden auf Grund ihrer Morphologie anfänglich in "kleine, runde, strukturierte Viren" (small round structured viruses, SRSV) und klassische humane Caliciviren unterschieden. Gemäß einer Festsetzung des "International Committee on Taxonomy of Viruses" (ICTV) wird jetzt in die beiden Genera "Norwalk-like Viruses" (NLVs) und "Sapporo-like viruses" (SLVs) unterteilt. Die Familie der Caliciviridae wird außerdem erweitert durch zwei tierpathogene Genera. '', ''Das Norwalk-Virus wurde 1972 erstmals durch immunelektronenmikroskopische Untersuchungen entdeckt. Das Virus zeichnet sich durch eine ausgeprägte Genomvariabilität aus. Derzeit kennt man wenigstens 15 Genotypen. Sie lassen sich bisher nicht auf Kulturzellen vermehren.

Vorkommen
Norwalk-ähnliche Viren sind weltweit verbreitet. Sie sind für einen Großteil der nicht bakteriell bedingten Gastroenteritis-Erkrankungen bei älteren Kindern (ca. 30 %) und bei Erwachsenen (bis zu 50 %) verantwortlich. Norwalk- bzw. Norwalk-ähnliche Viren sind häufige Ursache von akuten Gastroenteritis-Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Alten-, Pflege- und Kinderheimen, können aber auch für sporadische Gastroenteritiden verantwortlich sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern stellen sie nach den Rotaviren die zweithäufigste Ursache akuter Gastroenteritiden dar.

Im Jahr 2001 wurden in Deutschland 9054 Infektionen durch Norwalk-ähnliche Viren (vorläufige Zahlen) gemeldet. Hierzu ist allerdings zu vermerken, dass in Deutschland nicht jede Gastroenteritis diagnostisch abgeklärt wird. Dazu kommt, dass es derzeit noch keinen evaluierten kommerziellen Test für den Nachweis von Infektionen durch Norwalk-ähnliche Viren gibt.

Infektionen mit Viren der Norwalk-Virus-Gruppe können das ganze Jahr über auftreten, wobei eine saisonale Häufung in den Wintermonaten zu beobachten ist.

Reservoir
Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir des Erregers. Der Nachweis von Norwalk-ähnlichen Viren bei Tieren (Schweinen, Katzen und Kaninchen) steht derzeit in keinem erkennbaren Zusammenhang mit Erkrankungen des Menschen.

Infektionsweg
Die Viren werden über den Stuhl des Menschen ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt überwiegend fäkal-oral. Die Infektiosität ist sehr hoch, die minimale Infektionsdosis liegt bei 10–100 Viruspartikeln und ist damit sehr gering.

Die größte Rolle spielt die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch. Allerdings können Infektionen oder Ausbrüche auch von kontaminierten Speisen (Salate, Krabben, Muscheln u. a.) oder Getränken (verunreinigtes Wasser!) ausgehen. Ebenso können kontaminierte Gegenstände eine Übertragung ermöglichen.

Die sehr rasche Infektionsausbreitung innerhalb von Gemeinschaften lässt darauf schließen, dass neben der fäkal-oralen Übertragung auch andere Übertragungswege möglich sind, z. B. wird eine aerogene Übertragung durch Bildung virushaltiger Aerosole während des Erbrechens angenommen.

Inkubationszeit
1 bis 3 Tage.

Dauer der Ansteckungsfähigkeit
Personen sind insbesondere während der akuten Erkrankung und mindestens bis zu 48 Stunden nach Sistieren der klinischen Symptome ansteckungsfähig, obwohl Studien gezeigt haben, dass das Virus noch Wochen nach einer akuten Erkrankung ausgeschieden werden kann.

Klinische Symptomatik
Norwalk-ähnliche Viren verursachen akut beginnende Gastroenteritiden, die durch Erbrechen und starke Durchfälle gekennzeichnet sind und zu einem erheblichen Flüssigkeitsdefizit führen können. In der Regel besteht ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl mit abdominalen Schmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Myalgien und Mattigkeit.

Die Temperaturen können etwas erhöht sein, jedoch kommt es meist nicht zu hohem Fieber. Wenn keine begleitenden Grunderkrankungen vorliegen, bestehen die klinischen Symptome etwa 12 bis 72 Stunden. Die Krankheit kann auch leichtere oder asymptomatische Verläufe aufweisen.

Diagnostik
Der Nachweis von Norwalk-ähnlichen Viren im Stuhl ist derzeit nur in Speziallaboratorien möglich. Die Amplifikation viraler Nukleinsäuren (RT-PCR) bietet bezüglich der Sensitivität Vorteile und ist insbesondere zur raschen Aufklärung von Ausbrüchen geeignet. Auch die Elektronenmikroskopie (direkt oder als Immunelektronenmikroskopie kann eingesetzt werden. Diese diagnostischen Möglichkeiten stehen in einer Reihe spezialisierter Laboratorien zur Verfügung. Weiteren interessierten Laboratorien mit PCR-Erfahrung wird das diagnostische Know-how vom RKI angeboten.

Es bleibt zu hoffen, dass ein kommerzieller Antigen-ELISA-Test zum Nachweis von Norwalk-ähnlichen Viren (ein erster Test dieser Art steht jetzt zur Verfügung) die Erwartungen hinsichtlich der Spezifität und Sensitivität erfüllt.

Therapie
In der Regel reicht eine ambulante Behandlung aus. Die Therapie erfolgt symptomatisch durch Ausgleich des z. T. erheblichen Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes. Eine kausale antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung.

Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen
1. Präventive Maßnahmen
Eine Impfung steht nicht zur Verfügung.

Wichtig ist die Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln in Gemeinschaftseinrichtungen und Küchen. Zur Vermeidung einer Übertragung durch kontaminierte Speisen sollten insbesondere Gerichte mit Fisch und Meeresfrüchten gut durchgegart sein.

2. Maßnahmen bei Patienten und Kontaktpersonen
Erkrankte Personen sollten in der akuten Erkrankungsphase Bettruhe einhalten.

Zur Vermeidung einer fäkal-oralen Übertragung ist die Anwendung von Hygienemaßnahmen (Tragen von Handschuhen und Schutzkitteln, Absonderung der erkrankten Personen, zusätzliche Reinigung der Toiletten, intensivierte Händehygiene, häufige Desinfektion der Bettwäsche) erforderlich.

Eine Ansteckungsfähigkeit kann bereits vor Auftreten gastrointestinaler Beschwerden bestehen. Personen, die evtl. Kontakt mit Stuhl bzw. Erbrochenem eines Erkrankten hatten, sollen für die Dauer der Inkubationszeit und die folgenden 2 Wochen eine besonders gründliche Händehygiene betreiben (Waschen nach jedem Stuhlgang, Abtrocknen mit Einmal-Papierhandtüchern, anschließende Desinfektion mit alkoholischem Händedesinfektionsmittel).

Nach § 34 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) dürfen Kinder unter 6 Jahren, die an einer infektiösen Gastroenteritis erkrankt oder dessen verdächtig sind, Gemeinschaftseinrichtungen nicht besuchen.

3. Maßnahmen bei Ausbrüchen
Gastroenteritis-Ausbrüche erfordern sofortige Maßnahmen zur ätiologischen Klärung. Bei klinischem Verdacht auf Infektionen durch Norwalk-like-Viren ist die gezielte Diagnostik parallel zu den anderen üblichen Untersuchungen durchzuführen. Es sollten Stuhlproben von 5 typisch Erkrankten eingesendet werden. Kommen als Ursache kontaminiertes Essen oder Getränke in Frage, müssen umgehend Maßnahmen eingeleitet werden, um das Wirken dieser Quelle auszuschalten.

Insbesondere müssen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern und Altenheimen umgehend Maßnahmen getroffen werden, um die weitere Ausbreitung einzudämmen. So sollten Patienten-, Bewohner- und Personalbewegungen innerhalb der Stationen möglichst eingeschränkt werden, um die Ausbreitung zwischen einzelnen Stationen und Bereichen der Einrichtung weitgehend zu minimieren. Erkranktes Personal sollte auch bei geringen gastrointestinalen Beschwerden von der Arbeit freigestellt werden und erst frühestens 2 Tage nach Ende der klinischen Symptomatik die Arbeit wieder aufnehmen.

Meldepflicht
Für Leiter von Laboratorien ist nach § 7 IfSG der direkte Nachweis von Norwalk-ähnlichem Virus aus dem Stuhl meldepflichtig.

Für Ärzte sind nach § 6 IfSG sind Krankheitsverdacht und Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis meldepflichtig, wenn die erkrankte Person eine Tätigkeit im Sinne des § 42 ausübt oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.

   
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